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Pitch-Night - eine Rede für jungen Journalismus

Blog

Pitch-Night - eine Rede für jungen Journalismus

Natalina Haller

Am 12. April fand im Rahmen des Fokusmonats Journalismus von Tsüri.ch eine Pitch-Night statt. Auch JJS war dabei und Co-Präsident Simon Schaffer sprach darüber, warum wir jungen Medienschaffenden für die Zukunft wichtig sind.

Hier ist der Text in einer übersetzten und leicht angepassten Version.
“Enjoy the Rant/Slam/Liebeserklärung”, sagt Simon dazu.

Also bitte:

«Guten Abend. Ich will heute über unsere Kultur sprechen. Beziehungsweise, über die Kultur, die wir wollen – und über die Kultur, die wir benötigen.

Wir sind das Netzwerk für Medienschaffende unter 30ig. Sie sind auch über 30 noch Jung, aber hey, irgendwo müssen wir ansetzen.

Dies soll der Blickwinkel derer sein, die schlussendlich an der Zukunft mitschreiben, mitschneiden und sie miterzählen werden.

Ich habe als Kind irgendwann mal auf dem Wohnzimmertisch meiner Eltern ein Magazin in die Finger genommen, aus Langeweile habe ich begonnen zu lesen und ich weiss nicht mehr, worum es genau ging im Text - aber ich war tief berührt , erregt – und plötzlich – Leser.

Es gibt auch solche, die ihre Eltern mit einem Video-Recorder genervt haben und Pseudo-Reportagen filmten. Wieder andere fanden vielleicht zu Recht Karla Kolumna und ihre Vespa in Benjamin Blümchen cool. Es gibt auch solche, die in der Schule vielleicht zum ersten Mal für etwas eine gute Note erhielten, für das sie sich gar nicht angestrengt hatten. Oder vielleicht: Für das sie sich zum ersten Mal wirklich angestrengt haben. Der Text wurde gesehen, und damit sie.

Solche Geschichten erzählen viele junge Journalistinnen und Journalisten, die ich kenne. Diese Geschichten stehen am Anfang des WARUM.

Und dann gehen sie in den Journalismus.

Vielleicht machen sie eine Journalistenschule, studieren oder steigen sogar queer ein. Und dann häscherets Praktika.

Praktika an sich sind eine grossartige Sache, vor allem wenn du gut betreut wirst. Aber einfach nicht 4 Mal nacheinander.

Ich selber habe in dieser Zeit mein Erspartes aufgebraucht um Arbeiten gehen zu können. Aber ich hatte Eltern, die mir im Studium die Miete gezahlt haben. Ich hatte immer jemanden, der mir die über 2’650 Franken für ein Generalabonnement gezahlt hat, wenns knapp wurde. Praktikumslöhne wie sie beispielsweise das SRF zahlt , nämlich 1500 Franken im Monat, die gelten in der Branche schon fast als anständig!

Das schliesst so viele Menschen aus, dass es wehtut. Ausserdem untergräbt es die Ziele der Branche, mehr Diversität zuzulassen.

Die Geschichten, die wir jungen Medienschaffenden untereinander erzählen, sie sind verschieden und doch die gleichen.

Eine junge Journalistin erzählt, wie sie im Morgen-Meeting einfach. nicht. gehört wird! Wie ihre Ideen auftauchen, versanden, und vielleicht eine Woche später von einem Anderen gemacht werden.

Doch für Begeisterung ist ein Rohstoff benötigt, der Mangelware ist.

Zeit.

Weniger Leute müssen in weniger Zeit mehr Inhalt produzieren. Nur: Diese Rechnung geht nicht auf. Und die Leute merken das.

Schmerzhafte Fehler könnten vermieden werden und viele junge Leute in diesem Job würden befriedigter und mit weniger Schuldgefühlen nachhause gegen, nachdem sie etwas abgegeben haben.

Da sind wir bei der psychischen Gesundheit auf Redaktionen angelangt. Wir wollen nicht jammern, sondern wir wollen sagen: Wir wollen das jetzt anders machen, so gut es geht! Und das für alle.

Insbesondere jetzt!
Der Krieg in der Ukraine ist in erster Linie für die Betroffenen am Schlimmsten. Aber wer sich stundenlang mit Krieg befasst, wird belastet. Auch von weitem.

Ich bin im Moment froh, bin ich Radio-Redaktor und muss mir nicht ständig all diese Twitter-Videos anschauen um zu entscheiden, ob ich eins davon in meinem Online-Artikel zeigen will. Da geht es vielen aber anders.

Es ist wichtig, das die Verlage und Medienhäuser sehen, dass ihre Angestellten es verdient haben, psychologische Fachpersonen zur Verfügung gestellt zu bekommen. Das ist nur eine von vielen Massnahmen, damit nicht alle paar Monate jemand neues vom Human Ressources erfasst werden muss, oder dass 6 Stellen gleichzeitig ausgeschrieben werden müssen.

Junge und verflucht talentierte Leute verlieren teilweise das Vertrauen in die Strukturen, die sie umgeben, wenn jeder – beziehungsweise vor allem jede, was im Unternehmen läuft.

‹Jaja der geht manchmal zu weit, der ist ziemlich touchy und von dem erhältst du möglicherweise Nachrichten auf dein Privathandy.› Und ALLE wissen es. Seit Monaten! Doch er ist immer noch im Unternehmen und erhält vielleicht sogar die grossen Jobs und Aufmerksamkeit.

Und vorbei zieht eine Generation Praktikantinnen und Praktikanten nach der anderen, die diese Erfahrung eigentlich nicht machen müssten.

Denn in ihrem Hinterkopf hängt bei vielen die Frage: Warum tue ich mir das an?

Wenn mir eine vor Ideen sprühende Kollegin erzählt, sie gehe vielleicht zu einer PR-Agentur weil sie im Journalismus die Strukturen nicht sieht, die ihr ermöglichen würden, geilen Scheiss zu produzieren, dann macht mir das Angst. Weil hier gibt es Leute mit Energie. Die wollen nicht einen verstaubten Facebook-Account betreuen. Das sind Leute, die Sachen anreissen können.

Das Gleiche gilt aber auch für die stillen Arbeiterinnen und Arbeiter, die vielleicht lieber bei einem lokalen Anlass vorbeigehen, eintauchen und von dort Berichten. Oder jene, die mit Programmiersprache Dinge verbinden, die bisher noch gar nicht gesehen werden konnten.

Wenn DIE bei Google landen, ist das nicht nur schade, es ist eine Tragödie. Weil wir die alle brauchen. Als Menschen, die Vergangenheit deuten wollen. Als Menschen, die in der Gegenwart Einordnung benötigen. Und vor allem: als Wesen, die verdammt Mühe haben mit dem Konstrukt Zukunft. Die Information und Mut brauchen für das, was da vor uns brodelt und sich verdichtet.

Es ist also nicht der Job. Es ist nicht der Journalismus, der scheisse ist. Es sind – manchmal, nicht immer – die Arbeitsbedingungen, die zu oft aus dem frischen Wind, den junge Menschen wie niemand erzeugen können, eine Art ranzige Druckluft machen.

Dabei sind die Leute, welche uns in Zukunft frische Blickwinkel geben da, und es kommen neue.

Es können neue Sachen entstehen. Der heutige Abend ist ein gutes Beispiel dafür: Tsüri.ch und viele weitere, die in den letzten Jahren GEWORDEN sind und weiterhin WERDEN.

Richtig guter Journalismus benötigt richtig gute Leute.

Ich habe im Journalismus gelernt, was gehen kann, wenn wir uns unterstützen. Von oben her hochziehen, von unten her drücken, nebeneinander zusammenhalten.

Ich habe gelernt, dass du eine Idee weitergeben kannst, wenn du nicht mehr weiterweist – und sie wird besser. Ein Text, eine Recherche, ein Rohschnitt.

Mit den anderen zusammen. Und darum ist das WIR wichtig. Und darum sind WIR Junge wichtig. Vielen Dank.»

Der Abend wurde von Tsüri.ch aufgezeichnet. Du findest das Video hier.
Ans Herz legen wird dir gerne auch folgendes Interview.
Weitere Infos zum sehr empfehlenswerten Fokusmonat Journalismus von Tsüri.ch findest du hier.

(Foto: Ladina Cavelti, via Tsüri.ch)